das bike für alle fälle.
Manchmal mal fällt einem ein Motorrad in den Schoss, wie das heilige Kind in den Schoß der Jungfrau Maria. Oder anders formuliert: Als die Idee zu dem Trip kam, war dies nicht zwingen an das Zweiradmodell geknüpft. Klar war nur, alt sollte es sein. Die Yamaha XTZ600 Ténéré (1Vj) von 1986 erfüllt dieses Kriterium mit Leichtigkeit. Zudem sieht sie richtig klasse aus. Keine Frage, dass es mit dieser Maschine auf die Tour geht. Zumindest wollen wir es versuchen.
„Am Liebsten würde ich die Maschine anzünden oder in die Luft sprengen. Ich kann den Schrotthaufen einfach nicht mehr sehen!“
– Micha Rothe
Kurzer Rückblick in die Historie der Ténéré. Nachdem Yamaha mit der Ur-Ténéré 1982 die versammelte Motorradgemeinde mit vier aufeinanderfolgenden Siegen bei der Rallye Paris-Dakar beeinderuckte und damit der XT500 ein würdiges Adventurebike Upgrade verpasste, versemmelten die Japaner mit der zweiten Ténéré, vorliegendendem Modell 1Vj, mal so richtig alles. Schlechtes Kühlverhalten, schneller Motorentod. Das Image der Ténéré war weitestgehend dahin. Da fiel auch nicht mehr ins Gewicht, dass das Modell bis heute als die schönste aller drei Frühmodelle (es folgte 1989 die 3Aj mit Doppelscheinwerfern) gilt. Ob sich das Zitat von Micha auf diesen Umstand bezieht? Nicht wirklich, denn die werksseitigen Fehler konnte man recht einfach ausmerzen (Fender von der XT600 mit Luftschlitzen, anderen Zylinderkopf oder eben gleich den Motor von der späteren TT). Für einen Schrauber kein Hexenwerk.
Anders die hier vorliegende Maschine, ein sogenannter Scheunenfund, den Tim in der Nähe von Bremen fand. Der Verkäufer wusste nicht viel, da er die Maschine – und allerlei Schrottteile, die Tim netterweise mit nach Berlin brachte – von einem verstorbenen Bekannten geerbt hatte. Gut, der Preis war okay und auch, wenn sie vor Ort nicht ansprang, befand unser Produzent, DIE ist es. Kriegen wir – genauer Micha – schon wieder hin. Und damit wären wir dann eben auch bei der obigen Aussage. Die neuen Anbauteile, wie Auspuff, neues Wilbers Stossdämpferbein, neue ölgelagerte Federn, neue Fussrasten, Windschild für die lange Strecke, Bremspumpe, Zündkerze, Acerbis Protektoren, Sturzbügel aus Brasilien, neue K60 Scou Reifen, waren nicht das große Problem und gaben der Maschine auch schnell einen richtig coolen Look (mal abgesehen vom Windschild). Aber, und da kommen wir zum pain in the ass, sie will einfach nicht richtig laufen.
„Langsam gehen mir die Ideen aus… “
– Micha Rothe
Am Anfang bestand das Problem in erster Linie darin, dass sie einfach nicht gut ansprang. Also mit gut, meinen wir richtig Scheiße. Kam kurz, soff wieder ab. Lief sie war alles okay. Zuweilen gab es sogar Lob von Micha, wie gut sie lief. Wenn nur das Anspringen nicht wäre. Ohne zu sehr auf Details einzugehen – es wurde im Laufe der letzten vier Monate seit Erwerb, so etwa alles getauscht, was auf das Laufverhalten einen Einfluss haben könnte. Selbst den Vergaser meiner XT600 haben wir eingebaut, zwecks Testung, ob es eventuell daran liegen mag. Nope, sprang auch damit genauso Scheiße an. Teilweise war Micha so verzweifelt, dass es aufgeben wollte. „Fahr doch mit deiner XT. Großer Tank drauf und los.“ Was ich wiederum verneinte.
„Die Ténéré oder keine, Basta!“ Stand Anfang Juni glaube ich, dass es unserer Freundschaft nicht geschadet hat, hier so unnachgiebig gewesen zu sein. Und siehe da: Mittlerweile springt sie an. Und oh Wunder – sogar richtig gut. Wenn man Micha fragt, woran es letztendlich lag, zuckt er mit den Schultern, blickt gen Himmel und verweist auf den lieben Gott. Der scheint allerdings noch nicht Motorrad gefahren zu sein, denn jetzt springt sie zwar an, läuft aber Scheiße. 🙂 Da hat Micha noch ein bisschen was zu tun, bevor es in dreizehn Tagen auf die Piste geht. Mit der XTZ600 Ténéré versteht sich.